Angstzabaione
Dieser schwarze kalte Stein in meinem Bauch am Morgen. Jeden Morgen .
Früh wach, damit ich den Stein so richtig ordentlich bemerken kann. Oder so was wie drei eiskalte rohe Eier, die langsam in mir fest werden. Angstzabaione.
Es ist ein typisches Angstgefühl, sehr marternd. Irgendwann wurde mir klar, dass es nicht nur mir bekannt ist. So fühlt sich Angst für viele an. Bei mir steht dieses Gefühl für eine unspezifische Angst – die Angst vor einem Leben, in dem nichts stimmt.
(Ha, lache ich mich in diesem Moment gerade selber an und aus. Was soll das heißen: Nichts stimmt? Und warum soll es so bleiben? Mit dem Leben kannst du jederzeit anfangen, einfach den Knoten lösen. Dennoch stehen mir Tränen in den Augen...)
Die deutliche Premiere dieser Art des Angstgefühls kann ich erinnern. Schwer vorzustellen, dass ich es zuvor in dieser Form nie hatte. Aber extrem stellte es sich mir vor in einem Zelt auf einem Ostseecampingplatz, vermutlich war das im Sommer 1997.
Wenig zuvor hatte ich einen Mann in mein Leben gelassen, der hieß Andreas. Ich begegnete ihm auf einer Versammlung, bei der ich eigentlich seinen „Vorgänger“ abholen wollte, eine Liebschaft, die desolat geworden war, aber noch nicht beendet. Er, der blonde Andreas, saß an einem der Versammlungstische und als er mich sah, ging eine enorme, eindeutige Bewegung durch sein Gesicht. In seinem Spiegel sah ich das überraschte Begehren, aber auch er gefiel mir gut, rein äußerlich. Es kam, wie es kommen musste – ich verabschiedete den anderen zügig und begann mit einem hübschen, burschikosen, ganz und gar verliebten Gärtner anzubändeln. Nach langjähriger Erfahrung mit schwer intellektuellen, komplizierten Männern, meinem eigentlichen Beuteschema, konnte es ruhig mal ein Nicht-Studierter sein.
Aber es stellte sich zügig raus, dass wir wirklich kaum eine Ebene miteinander hatten. Er war schon ein recht einfaches Gemüt, absolut. Dafür anhänglich, eifersüchtig, wild und anstrengend. Besprechen und klären ließ sich da nichts. In meinem ganzen Leben habe ich nicht so ausführliche Briefe geschrieben, um mich zu erklären, um Lösungen zu ringen. Völlig irre. Zwölf Seiten lange Briefe, die 250 km zurück legten, die im Alltag zwischen uns lagen. Briefe, mit denen er sich nicht auseinander zu setzen vermochte, er las die letzten zwei Zeilen, in denen Küsse und eine gewisse körperliche Trotz-alledem-Sehnsucht mitgeteilt wurde – und darauf berief er sich.
Dies alles wusste ich ganz am Anfang dieser peinigenden Liaison noch gar nicht, als wir in der Nähe von Laboe im Zelt lagen, kalt war es draußen und regnete im Juli, angeblich frisch verliebt starb ich in meinem Schlafsack fast vor Angst, Angst vor diesem unbekannten, harmlosen Tier neben mir, und der Tatsache etwas so offensichtlich Unstimmiges zu tun.
Das war 1997. Heute ist heute, aber eine sehr ähnliche Angst besucht mich. Die Lage ist viel weniger offensichtlich, obwohl sie damals es ja auch nicht unmittelbar war.
Wieso vermag ich es nicht, dieses Gefühl zu erhören – und endlich den oben erwähnten Knoten zu lösen?
Früh wach, damit ich den Stein so richtig ordentlich bemerken kann. Oder so was wie drei eiskalte rohe Eier, die langsam in mir fest werden. Angstzabaione.
Es ist ein typisches Angstgefühl, sehr marternd. Irgendwann wurde mir klar, dass es nicht nur mir bekannt ist. So fühlt sich Angst für viele an. Bei mir steht dieses Gefühl für eine unspezifische Angst – die Angst vor einem Leben, in dem nichts stimmt.
(Ha, lache ich mich in diesem Moment gerade selber an und aus. Was soll das heißen: Nichts stimmt? Und warum soll es so bleiben? Mit dem Leben kannst du jederzeit anfangen, einfach den Knoten lösen. Dennoch stehen mir Tränen in den Augen...)
Die deutliche Premiere dieser Art des Angstgefühls kann ich erinnern. Schwer vorzustellen, dass ich es zuvor in dieser Form nie hatte. Aber extrem stellte es sich mir vor in einem Zelt auf einem Ostseecampingplatz, vermutlich war das im Sommer 1997.
Wenig zuvor hatte ich einen Mann in mein Leben gelassen, der hieß Andreas. Ich begegnete ihm auf einer Versammlung, bei der ich eigentlich seinen „Vorgänger“ abholen wollte, eine Liebschaft, die desolat geworden war, aber noch nicht beendet. Er, der blonde Andreas, saß an einem der Versammlungstische und als er mich sah, ging eine enorme, eindeutige Bewegung durch sein Gesicht. In seinem Spiegel sah ich das überraschte Begehren, aber auch er gefiel mir gut, rein äußerlich. Es kam, wie es kommen musste – ich verabschiedete den anderen zügig und begann mit einem hübschen, burschikosen, ganz und gar verliebten Gärtner anzubändeln. Nach langjähriger Erfahrung mit schwer intellektuellen, komplizierten Männern, meinem eigentlichen Beuteschema, konnte es ruhig mal ein Nicht-Studierter sein.
Aber es stellte sich zügig raus, dass wir wirklich kaum eine Ebene miteinander hatten. Er war schon ein recht einfaches Gemüt, absolut. Dafür anhänglich, eifersüchtig, wild und anstrengend. Besprechen und klären ließ sich da nichts. In meinem ganzen Leben habe ich nicht so ausführliche Briefe geschrieben, um mich zu erklären, um Lösungen zu ringen. Völlig irre. Zwölf Seiten lange Briefe, die 250 km zurück legten, die im Alltag zwischen uns lagen. Briefe, mit denen er sich nicht auseinander zu setzen vermochte, er las die letzten zwei Zeilen, in denen Küsse und eine gewisse körperliche Trotz-alledem-Sehnsucht mitgeteilt wurde – und darauf berief er sich.
Dies alles wusste ich ganz am Anfang dieser peinigenden Liaison noch gar nicht, als wir in der Nähe von Laboe im Zelt lagen, kalt war es draußen und regnete im Juli, angeblich frisch verliebt starb ich in meinem Schlafsack fast vor Angst, Angst vor diesem unbekannten, harmlosen Tier neben mir, und der Tatsache etwas so offensichtlich Unstimmiges zu tun.
Das war 1997. Heute ist heute, aber eine sehr ähnliche Angst besucht mich. Die Lage ist viel weniger offensichtlich, obwohl sie damals es ja auch nicht unmittelbar war.
Wieso vermag ich es nicht, dieses Gefühl zu erhören – und endlich den oben erwähnten Knoten zu lösen?
wasserfrau - 30. Mär, 11:06
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Au-lait - 30. Mär, 18:45
Latente Sorge, die sich durchs Unterbewusstsein webt und ab und an hysterisch, panisch beklemmend und knebelt um sich greift, kenn wohl fast jeder, zumindest auch ich. Aber "Angstzabaione" ist definitiv mein Wort des Tages. Großartig! :)
rosmarin - 30. Mär, 22:49
angstzabaione....
das ist wirklich ein vortreffliches wort, das will ich jetzt auch übernehmen. trifft es doch so wunderbar und klar, wer kennt sie nicht. und mir ist auch ein rätsel, warum man manchmal solange für die portion mut braucht, um knoten zu lösen oder zu zerschlagen. trostgruss :-D
wasserfrau - 30. Mär, 23:07
man braucht den Mut... und verdirbt sich noch mehr am nicht mal angefangenen Tag, wenn man merkt, dass er nicht da ist. Gegen die Angstzabaione hilft, denke ich, nur der Geistesblitz. Und der Geist weht bekanntlich, wann er will. Weil: Der Mut, ich meine der ist in langer Vorbereitung am Wachsen im Verborgenen. Wie Dornröschen muss er geweckt werden.
Danke Frau rosmarin für ihre Worte. Echt jetzt.
Danke Frau rosmarin für ihre Worte. Echt jetzt.
Tante Emma rechnet ab - 31. Mär, 20:37
im Zelt lagen, kalt war es draußen und regnete im Juli, angeblich frisch verliebt starb ich in meinem Schlafsack fast vor Angst, Angst vor diesem unbekannten, harmlosen Tier neben mir, und der Tatsache etwas so offensichtlich Unstimmiges zu tun.
An dieser Stelle angekommen rüttelte und schauderte es mich. Ja ich konnte diese Kälte, die kalten Steine im Körper spüren.
Du schreibst sehr berührend und nimmst einen mit, nicht in irgendeine Geschichte, sondern in dein Fühlen. Das gelingt nich vielen. Diese Angst so gut zu formulieren, dass andere sie spüren können, ja, mehr spüren als verstehen, zeigt dass du sehr gut um dich selbst weißt.
Dort ist auch der Knoten, und ich bin sicher, wenn du weiterhin dir selbst zuhörst, wirst du den Knoten lösen können.
Die Emma
An dieser Stelle angekommen rüttelte und schauderte es mich. Ja ich konnte diese Kälte, die kalten Steine im Körper spüren.
Du schreibst sehr berührend und nimmst einen mit, nicht in irgendeine Geschichte, sondern in dein Fühlen. Das gelingt nich vielen. Diese Angst so gut zu formulieren, dass andere sie spüren können, ja, mehr spüren als verstehen, zeigt dass du sehr gut um dich selbst weißt.
Dort ist auch der Knoten, und ich bin sicher, wenn du weiterhin dir selbst zuhörst, wirst du den Knoten lösen können.
Die Emma
wasserfrau - 1. Apr, 15:40
Werte Emma,
das unübersehbare Kompliment ist mir Gold wert. Ihr Blog übrigens auch.
Ansonsten: Ihr Wort in meinem Ohr ... ich wünsche mir so sehr, dass sie Recht haben!
mehr spüren, als verstehen...schreiben sie, und vielleicht hadere ich immer selbst mit dem verstehenkönnenwollenmüssensollen.
Vielleicht ist das gar nicht meine Liga, sondern tatsächlich das bewusste Fühlen, nur steht das häufig nicht so hoch im Kurs.
Deswegen bin ich so froh, wenn´s doch manche berührt.
das unübersehbare Kompliment ist mir Gold wert. Ihr Blog übrigens auch.
Ansonsten: Ihr Wort in meinem Ohr ... ich wünsche mir so sehr, dass sie Recht haben!
mehr spüren, als verstehen...schreiben sie, und vielleicht hadere ich immer selbst mit dem verstehenkönnenwollenmüssensollen.
Vielleicht ist das gar nicht meine Liga, sondern tatsächlich das bewusste Fühlen, nur steht das häufig nicht so hoch im Kurs.
Deswegen bin ich so froh, wenn´s doch manche berührt.
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