1
Feb
2006

Und auf einmal

wusste ich, dass es keine Lebensrezepte gibt.
Immer nur Hinweise.
Wieder muss / darf man mal alles selber machen.

Über das Schreiben II

Spätestens als der lap-top zu mir kam, hörte das auf, dass ich in Nöten von besonders bedrängender Art, in eine Kladde schrieb, mit einem Kugelschreiber bis das Handgelenk weh tat. Am PC, am festgewurzelten wie am mobilen entstanden diverse Tagebucheinträge in diversen Jahren. Komischerweise hat die Existenz des mobilen Geräts, den Ernst sich einen Fluchtort mit dem Heftchen zu suchen, zerstört, obwohl ich die Maschine fast nie mit mir rumschleppe, und schon gar nicht zu dem Zweck, intim mit mir selbst zu werden in einer flüchtigen Öffentlichkeit. Dabei sind die am PC gewonnenen Gemütsnotizen nicht mehr das Gleiche, es fehlt ihnen der Kampf um die Situation, auch das Beschwerliche, ja eben Handwerkliche am Schreibakt. Vielleicht auch, weil ich die maschinell erstellten Texte häufiger nachlas, bis sich ihr Fluidum, der sie umgebende Kontext irgendwie verbraucht hatte.
Die Notizbücher, von denen ich früher zumindest Dutzende besaß, die verlegte ich, diese seltsamen Texte sind mir kaum mehr präsent, umso präsenter aber der Vorgang und seine Ausstrahlung. Das Geschriebene hingegen verdeckt mit der Zeit immer mehr den Schreibenden, Text und Zeichen werden abstrakt und erheben sich gegenüber der Not, der sie abgerungen wurden.

Über das Schreiben I

Nicht so sehr Schreiben um des Schreibens willen, nein Schreiben um der Seele willen.
An zwei Situationen kann ich mich erinnern, in denen ich verzweifelt dasaß, ein Büchlein in der Hand und schrieb. Das eine mal im Burgund, als ich wenige Tage mit einer überbordend anfangspubertierenden Tochter, die mich erschreckte, mit mir seltsam fremden, bedürfnislosen alternativen Menschen, die mich abschreckten und einer Zuhause gelassenen mehr als misslichen Beziehungssituation, die mich stumm beängstigte, voller verzweifelter Einsamkeit in ein Straßencafé flüchtete, vor den anderen, am brütend heißen frühen Nachmittag und dort mir das Elend aus dem Kopf heraus schrieb, als einzige Maßnahme, die vielleicht dem seelischen Überleben dienen könnte. Aus dem Kopf heraus aber nicht vom Leib, es half nur soviel es helfen konnte, schenkte diese kurze Zeit, in der ich um mich kämpfte, mit dem Stift in der Hand. Nicht vom Leib: Ich kam wieder nach Hause und die längst unvermeidliche Trennung stand an, ein Grauen war das, und die Zeit, die wenigen flirrenden Tage im Burgund, blieb mir lange in Erinnerung als von einem Selbstempfinden als verrückte Soziopathin gezeichnet.
Es war mir immer schlecht möglich, meine Depressionen als solche zu erkennen oder gar anzuerkennen, eher schlug ich noch ein wenig auf mich drauf, vor erbarmungsloser Überraschung wie seltsam es mir geht. Und weil ich nicht gewusst hätte, was das Wort, das Anerkennen eines fachlich bekannten symptomatischen Zustandes mir hätte helfen soll. Dann am ehesten das Schreiben.
Ein anderes Mal saß ich, auch mal wieder überdrüssig, am Nachmittag im Frankfurter Café Hauptwache, aus irgendeinem Grunde ist mir diese Situation in der Erinnerung an die Person Stephan B. geknüpft, aber vielleicht nur weil er die Cafés so liebt und stets von ihnen schwärmte, von den typischen Sahnetorten-Oma-Cafés, allerdings denen, die ein wenig Stil haben, wie an der Hauptwache. Oder es war die Zeit, als ich relativ viel mit ihm zu tun hatte und gepeinigt, mal wieder von der empfundenen eigenen Nichtigkeit, seine Fähigkeiten, sich diszipliniert und würdevoll zu benehmen, bewunderte. Stephan ist einer der wenigen Menschen, die aus einem passenden Haushalte kommend, den bürgerlichen Mantel zu tragen wissen, nicht nur die kleinkarierte Fassung mit der man sich ein paar Neurosen hält, sondern gebildet und diszipliniert. Und auch dort schrieb ich, eigens zu diesem Zwecke hatte ich mich gesetzt, aber vielleicht dachte ich dann auch nur und kritzelte und an die Grafik, die dabei heraus kam, kann ich mich erinnern, in der aufgezeigt war, dass auf all meinen Reisen und Suchmanövern, der Osten und der Süden sich bewährt hatten, der Westen hingegen nicht, der Norden blieb mir weitgehend unbekannt und unbenannt. Und beim Westen dachte ich wieder an Frankreich, das mir oft kummervolle Episoden beibrachte, an nicht eine freudvolle konnte ich mich erinnern, und das unglückselige Burgunddesaster hatte dem Ganzen die Krone aufgesetzt. Diese scheinhafte Erkenntnis war wenigstens irgendwas, wenn auch vielleicht keine Erkenntnis, denn mit Frankreich habe ich es sicherheitshalber nur noch einmal probiert und der Osten, zumindest der deutsche nahe, hat längst nicht fürs große Glück gesorgt, später, bis heute.
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