12
Jan
2010

WG oder Liebesnest?

Die Frage ist nicht ernst gemeint, nicht wirklich, was mich betrifft. Ich kenne solche Fälle, Freunde, Bekannte, die ihre jahrelange Zweiergemeinschaft plötzlich hasserfüllt als WG bezeichnen, weil er dann mal wieder andere Begehrensnebenbaustellen unterhält oder weil sie, obwohl und gerade weil er das mutmaßlich nicht tut, ihn nackt und begehrlich nicht mehr erträgt usw. Aber sie haben ein gemeinsames Kind, eine ewige gemeinsame Gewohnheit oder was auch immer.

Also, das ist nicht meine Fragestellung. Unsere Wohnung ist klein – und damit hat es vielleicht auch nichts zu tun. Bestimmte Dinge, die er tut oder vielleicht gerade die, die er unterlässt, empfinde ich als riskant, mein gar nicht besonders ausgeprägtes Sicherheitsbedürfnis ist dadurch bedroht. (Früher war es mal ausgeprägter, durch das Zusammensein mit ihm ist es schon deutlich zusammen geschrumpft, aber ein kleines bisschen Sicherheitsbedürfnis ist halt noch da.) Es handelt sich um bestimmte sozioökonomische Fahrlässigkeiten, die ich in dieser Luftikusweise als ähm… verantwortungslos? ... jedenfalls fahrlässig empfinde, Und wie gesagt: Ich mache ja jeden Spaß mit, wenn´s noch halbwegs spaßig ist, aber manchmal ist es eben nur noch mulmig. Das ist mein Bedrohungserregungspunkt.

Andererseits habe ich die Neigung, wenn ich viel Gelassenheit ausübe, ausgerechnet in dieser Aufwachphase am Morgen manchmal, wirklich nur manchmal, von tiefer Sorge ergriffen zu werden. Und dann einem unausgeschlafenen Mann ein paar Sachen an den Kopf zu knallen. Nicht gut, überhaupt nicht gut. Er verbittet sich das, obwohl er die Probleme auch tagsüber nicht angeht. Aber ich verstehe das alle Mal, dass das gar nicht gut ist. An manchen Morgen sitzen mir jedoch die Dämonen vor der Stirn und das linke Aufstehbein wirft wilde Sorge um sich – und ich kann es nicht daran hindern. Davon jedoch fühlt er sich bedroht.

Nun habe ich den sehr, sehr pragmatischen Vorschlag gemacht, dass, bis er seine Probleme angegangen ist, ich lieber gleich im anderen Zimmer schlafe. Werde ich nicht durchhalten, aber man kann es ja mal antesten. Rational die einzige Lösung.

Wir hatten also einen netten Abend mit Freund W., dessen Frau nahezu immer depressiv und / oder grippal ist, weswegen sie sich entschuldigen lässt; aber W., ein belesener Soft-Charmeur, ist, obwohl ich sie ein wenig vermisse, fast immer für einen sehr netten Abend beim Italiener zu haben. So auch heute. Dann gehen der Mann und ich nach Hause und verteilen uns nach meiner Ansage friedlich auf die Zimmer. Da kommt mir die Wohnung plötzlich viel größer vor. So, als sei eine WG, im hier stattfindenden Fall ja nur eine friedfertige Simulation derselben, also ein prototypisch gedachtes freundschaftlich-distanziertes Zusammenleben, irgendwie Platz sparender als all diese Räume und die Luft, die man verbraucht, um sich zu vereinigen, zu entzweien, zu versöhnen und und und.

Die Frage ist vielleicht ein bisschen absurd, weil sie den emotionalen Kern der Verhältnisse nicht unbedingt trifft. Irgendwie literarisch, wie die Hälfte meines Lebens sowieso.

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rosmarin - 12. Jan, 01:06

sie entschuldigen, wenn ich jetzt nichts gescheites von mir gebe... aber das ist so wunderbar geschrieben.....

wasserfrau - 12. Jan, 01:10

das entschuldige nicht nur. wäre es nicht zu kokett, mein herz blutete mit ihrem.
herbstfrau - 12. Jan, 10:47

Bekannt

ist mir das alles, liebe Wasserfrau. Ich würde die Frage so beantworten: WG UND Liebesnest!
Die Sache mit dem Sicherheitsbedürfnis- weiß zwar nichts genaues, aber: Bei uns grad umgedreht. Ich hasse bei meinem Mann das ABSICHERN! Das Abschalten der Kaffeemaschine beim nur mal aus dem Haus gehen z.B., oder im Urlaub das Anrufen des Nachbarn, er solle doch mal nachsehen, ob alle Fenster geschlossen sind;-)))
oder der Protest, wenn ich meinen Rechner nicht ausschalte beim Verlassen der Wohnung für kurze Zeit.
Ich habe ein eigenes Zimmer- er hat ein eigenes Zimmer. Wir haben zwar ein gemeinsames Schlafzimmer, aber das hat nichts zu sagen;-))
Es ist so gut, es tut mir so gut, wenn ich mich zurückziehen kann, die Tür hinter mir schließen kann..für mich allein bin, allein mit meinen Gedanken, mit meiner Welt!
Damals, vor 2 Jahren, als ich wieder "nach Hause" zurückkam von meiner 2 jährigen Aus-Zeit, brachte ich meine klaren Vorstellungen mit, wie "es" in Zukunft besser funktionieren könnte: Ein eigenes Zimmer, eine eigene Telefonnummer, das Recht, jederzeit sagen zu können: "Ich fahre dann mal für x Tage weg..."
Etwas unüblich in einer Ehe. Noch dazu in einer 46 jährigen;-). Aber es funktioniert.
Wie sagte doch Claudia Cardinale ? Die Ehe funktioniert am besten, wenn beide Partner ein bisschen unverheiratet bleiben.

Allein diese Möglichkeiten zu haben, ist für mich, ich denke sogar für uns beide wichtig.

Ein bisschen WG..ist gut.
Liebe Grüße!
ich

wasserfrau - 12. Jan, 12:53

danke für deine ausführliche, offene antwort!

es gibt wohl unterschiedliche qualitäten und quantitäten von "sicherheitsbedürfnis". zwar spricht nichts gegen das abschalten der kaffeemaschine, ich kann das aber jederzeit vergessen - und absolut vergessen, dass ich es vergessen habe. nein, nein, worum es mir ging, wollte ich nicht "konkret" machen, aber ich meine es umschrieben zu haben: dass man sich mit bestimmten unterlassungen ziemlichen ärger einhandeln kann - und das auch schon wiederholt passiert ist - und ich mit einer bestimmten art von massivem ärger nichts zu tun haben will.
ganz nebenbei gesagt ist natürlich das sicherheitsbedürfnis des einen immer auch die versicherung des anderen, d.h., man kann sich leichter nach abenteuern sehnen, wenn der andere übervorsichtig schon aufpasst.
unser gemeinsames schlaflager hat schon was zu sagen, in vielerlei hinsicht liebe ich diesen schluri sehr. und allein wegfahrenfür x tage tue ich sowieso, andererseits, das konnte mir noch nie einer verbieten:-) klar ist ein bisschen wg gut, das sowieso.
herbstfrau - 13. Jan, 08:52

Balance

zwischen allen Bedürfnissen, Wünschen, Vorstellungen finden ist wohl das Richtige. Und- das gemeinsame Schlaflager ist bei uns wirklich ein Schlaflager, was, wenn da die Bedürfnisse unterschiedlich sind...zu Konflikten führen kann;-)
Mir geht es manchmal so, dass nach dem Niederschreiben von etwas die Situation schon eine andere ist...
Sehr treffend (meine Situation war genauso ) bemerkt von dir finde ich die Aussage über das Sich Sehnen nach Abenteuern, wenn der Andere zu vorsichtig ist.. LG

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