Schleudern

1
Apr
2006

Schwieriges Samstag-Thema

Die Suizid-Statistiken zeigen, dass deutlich mehr Frauen Selbstmordversuche begehen als Männer. Aber auch: Dass deutlich mehr Männer durch Selbstmord sterben als Frauen. Beide Befunde zusammen genommen heißt das natürlich, dass der Prozentsatz „geglückter“ Suizide bei Männern sehr erheblich höher ist als bei Frauen.
Was kann das nur bedeuten? Ich habe nicht bibliothekenweise die gesamte Fachliteratur studiert. Ich habe mich nur im Internet umgeschaut. Da ist man(n?) sehr vorsichtig. Meine erste Assoziation: Das Weib, das theatralische Wesen, das eben gerne mal so tut als ob – die kommt da nicht vor. Kein Grund, feministischen Schaum vor den Mund zu kriegen, überhaupt nicht. Eher noch wird angenommen, dass Frauen es mit dem Töten in harter Form nicht so haben, sie können keine Pistolen gegen andere und auch nicht gegen sich richten, sie greifen immer nur zu diesen Tabletten, das geht halt häufig schief.
Oder: da wo von dem „Apell-Suizid-Versuch“ gesprochen wird, da wohnt dem eine interpretierte kommunikative Suche inne: Seht her, mir geht´s wahrhaftig dreckig und ich weiß es nur noch so auszudrücken. Und Frauen sind halt nun mal kommunikativer.
Vielleicht trauen sie sich auch eher ins Zwischenreich, ins Graue des risikohaften Mitteilens, ins Fallenlassen in Welten zwischen hier und dort. Schwäche zeigen.
Männer sind dazu verurteilt, Schwäche zu hassen und nicht zeigen zu können. Und wenn kein Ausweg mehr scheint, muss wenigstens der gelingen. H., ein unglücklicher Freund, dessen Unglück beizuwohnen ich irgendwann nicht mehr aushielt, sagte: “Ich bin sogar zu blöd, mich umzubringen.“
Absurderweise beneide ich oft die Männer, weil ich meine, sie hätten es mit ihrer digitalen, enggestrickten Art leichter. Dieses Verdrängen-Können! Diese Festigkeit im Panzer!
Und dann weiß ich doch, dass die Melancholie eine Frau ist, und damit ein zutiefst weibliches Lebenkönnen am End... und dass wir es alle nicht leicht haben.

27
Mrz
2006

Astrologisches Dilemma

Einmal, ich wollte es mal testen, sacht man dann... saß ich bei einer staatlich geprüften Astrologin. Mit der Astrologie – und noch so manchem anderen – habe ich so meinen Hader.
Was die Astrologie betrifft, finde ich es abwegig, peinlich und ungehörig, „daran“ zu glauben. Aber es scheint so, als ob sie mit manchen Urteilen einfach trifft, ich kann mir das dann noch ansehen, da ich ja doch alles auch selber nachprüfen will, und dann sehe ich da diese Linien und Häuser und wasweißich, tatsächlich. Das ist mir alles nicht recht, dass ich mich mit so was befasse. Aber letztlich ist es so.
Ich bin also extra hingefahren und hab mir einen meiner berühmten stand-by-Kurzurlaube außen rum gegönnt, geschenkt. Das kann ich wenigstens. Das kann ich manchmal gut!
Ruckzuck vermutete die Astrologin – eine im übrigen sehr „normale“ Frau – es ginge bei mir um die Beziehung, dabei wollte ich die gerade ausklammern. Vielleicht ist sie, die Astrologin, einfach eine sehr normale Frau! Sie legte die Horoskope übereinander, von ihm und mir, und murmelte, au!, das ist aber heftig! Dabei hatte sie zuvor auf ihrer Homepage deklariert, sie würde keine Werturteile, kein richtig/falsch von sich geben. Sie fand es heftig und konnte sich nicht lösen. Irgendein Saturn von ihm drücke direkt und vital auf meine Lebenskraft. Und er stünde mit der Beziehung ganz gut da, aber ich hätte ein heftiges, fast unlösbares Problem.
Ich bestand darauf, jaja sehr listig, dass sie mal schaut, warum ich an diesem Mann so sehr... denn das hatte ich schon selbst ermittelt: Da gibt es eine berühmte Linie, die für große Liebe steht. Basta.
Sie, die Frau Astrologin wollte das fast übergehen, sie schien es noch betrüblicher zu finden: Wo es doch nicht geht!
Ehrlich gesagt, mir begegnen ständig Situationen und Wahrnehmungen, die für ihre Interpretation sprechen. Aber ich will es einfach nicht einsehen.
Dann: müßte ich der Astrologie glauben und einsehen, dass es mit ihm nicht geht.
Bisschen viel auf einmal.
P.S. Und eben habe ich gerade mein Sushi-Tellerchen geleert. "Hier" gibt es sushi nur tiefgeforen und unter der Schreibtischlampe (!) aufgetaut. Naja. Ich bin angewiesen auf diese Speise! Der Freund (s.o.) fragte schon: "Bist du schwanger?" Ich sagte: "Na klar, ich bekomme einen großen Fisch."
Vielleicht wird´s auch ein Japaner.

Gibt es ein Schreiben vor DEM Schreiben?

Immer wieder gibt es Leute, die raten mir zu Schreiben, „es“, das berühmte, unfassbare „es“ aufzuschreiben. Diese Leute – inklusive dem unglücklichen Geliebten – wissen nichts von diesem Blog. Und das ist vermutlich auch besser so, denn was sie ahnen, was „es“ wäre, das schreibend bewältigt würde, würden sie hier nur unzureichend finden. Wo ist es? Wo die erstürmende Schreibkraft, die bei mir vermutet wird?
Ich denke biografisch, metaphorisch, melancholisch, zurück und nach vorne. Selbst meine Ratlosigkeit hat schwirrende Worte. Ich scheue mich, so zu schreiben. Warum?
Die Melancholie des kleinen, sehr eng gestrickten Alltags, das wenige Licht in meiner Camping-Wohnung, meine Haltung, die buddhistisch-akzeptierend wirken soll – vor allem auf mich selbst! - und doch fürwahr verkrampft ist. Jedes mögliche Risiko gehe ich ein, aber das eigene Leben zu wissen und zu versuchen, ist mir zu riskant. Das Gefängnis, das mich umgibt, immobiliar sowie an Haut und Haaren, ist mir eine gute Ausrede. Ich rüttele an den Stäben, um meine Verzweiflung zu zeigen, suche aber nicht engagiert nach der Feile.
Für manche Schriftsteller (Baudelaire?) war das Schreiben selber das Schwert, der Fechtkampf, die gültige, riskante Auseinandersetzung.

13
Mrz
2006

Ich brauch nur

Kost, Logis und einen Traum.
Aber so einfach ist es leider nicht.


Oder doch????

27
Feb
2006

Über das Schreiben III

Er befand sich in einer schweren Schaffenskrise. Nichts war mehr wie früher. Früher bastelte er in solchen Krisen Papierflieger aus den angefangenen Texten, die nicht hielten, was er von ihnen wollte. Dann warf er sie durchs Zimmer, manchmal zusammen mit seinem noch kleinen Sohn. Spätestens wenn Nico bei dem Spiel wild mitgeeifert hatte, kam eine Phase, in der er plötzlich, ganz außer Atem wieder schreiben konnte. Natürlich hatte er sich auch damals gequält. Er wimmelte das kleine Kind ab, wenn es plötzlich, nach dem Mittagsschlaf noch ganz benommen, in der Tür seines Arbeitszimmers stand. Doch der Kleine, der ihn mit Charme und Hinterlist bezwang, verhalf ihm häufig genug, dann doch wieder zu Aktivität und Zuversicht zu kommen. Und die Sorge für den Zwerg, die half ihm auch, wenn der gar nicht zugegen war mit seiner unerbetenen und doch hilfreichen Unterstützung beim papiernen Flugzeugfestival rund um den Schreibtisch. Er half ihm, weil es lohnte, wegen ihm zu schreiben. Erfolgreich zu sein. Jedenfalls in ausreichender Menge. Die Pflicht hatte seine Kreativität am Leben erhalten. Ein seltsames Paradox. Wer schreibt, braucht ein Publikum. Sein bestes Publikum war ein kleiner Junge, der noch nicht mal richtig sprechen konnte. Hubert wunderte sich, und dass schon wieder Tränen aufstiegen, gehörte dazu.

14
Feb
2006

Angst, ganz fies

Die alte Bekannte ist mal wieder da.
erst glänzte sie in der vorvergangenen Nacht mit einem Alptraumversuch, eine Art rosaroter Weltuntergang, alle hatten Angst im Traum, doch ich blieb ruhig - komme, was da wolle. Da trotzte ich noch der Grand Dame "Angst".

Gestern aber bekam dann sie mich in den Griff und schleuderte mich wild hin und her und durch und durch, dass mir hören und sehen verging. Kaum konnte ich sie fragen, warum, wieso, weshalb, warum gerade jetzt, so wild vollführte sie ihre Späße mit mir. Die ganze Nacht hindurch, immer wieder.

1
Feb
2006

Über das Schreiben II

Spätestens als der lap-top zu mir kam, hörte das auf, dass ich in Nöten von besonders bedrängender Art, in eine Kladde schrieb, mit einem Kugelschreiber bis das Handgelenk weh tat. Am PC, am festgewurzelten wie am mobilen entstanden diverse Tagebucheinträge in diversen Jahren. Komischerweise hat die Existenz des mobilen Geräts, den Ernst sich einen Fluchtort mit dem Heftchen zu suchen, zerstört, obwohl ich die Maschine fast nie mit mir rumschleppe, und schon gar nicht zu dem Zweck, intim mit mir selbst zu werden in einer flüchtigen Öffentlichkeit. Dabei sind die am PC gewonnenen Gemütsnotizen nicht mehr das Gleiche, es fehlt ihnen der Kampf um die Situation, auch das Beschwerliche, ja eben Handwerkliche am Schreibakt. Vielleicht auch, weil ich die maschinell erstellten Texte häufiger nachlas, bis sich ihr Fluidum, der sie umgebende Kontext irgendwie verbraucht hatte.
Die Notizbücher, von denen ich früher zumindest Dutzende besaß, die verlegte ich, diese seltsamen Texte sind mir kaum mehr präsent, umso präsenter aber der Vorgang und seine Ausstrahlung. Das Geschriebene hingegen verdeckt mit der Zeit immer mehr den Schreibenden, Text und Zeichen werden abstrakt und erheben sich gegenüber der Not, der sie abgerungen wurden.

17
Jan
2006

stärker als ihr denkt...

Gestern ein Telefongespräch mit Ulli. Auch sie ist dazu übergegangen, ihre beruflichen Erfahrungen zu notieren. Sicherlich ein gutes Verfahren. Im Gespräch waren wir uns einig, dass wir das brauchen, um einen Rest Selbstbewusstsein zu behalten im ganzen Schlamassel – und wie sehr der berufliche Alltag das abzubauen droht! An einem anderen Ort und bei einem anderen Arbeitgeber – in einem anders gelebten Leben sowieso –
macht Ulli etwas Ähnliches durch wie ich: Etwas, was sich anfühlt wie ein schockhafter beruflicher Abstieg. Waren wir nicht mal gut, waren wir nicht mal anerkannt, hatten wir nicht mal was zu sagen? Was ist nur los? Ich neige eher als sie zur Vorstellung des Umstülpens und Loslassens und Wegtretens, bloß so nicht mehr allzu lange weitermachen. Es dörrt mich aus und macht mich mickrig. Eher noch ein vie de bohème als das. Dachte ich, dann bekam ich prompt Angstzustände. Die gefühlte Courage kam hinter der gewollten nicht mehr her. Stehen bleiben, Luft holen, etwas kleinere Schritte machen. Mal sehen.

16
Jan
2006

Berliner Winter-Baby

Wir waren in Berlin. Mal wieder Berlin im Winter. Ich kenne es wohl doch mittlerweile, kein Erschrecken mehr über die grauslige Kälte. Freie Fahrt in die Hauptstadt. Wiedererkennungsfreude ab AVUS. Hallo, meine Lieblingsstadt.
Die Besuchsatmosphäre erwartet neu. E. in komplett neuer Lebenssituation, mit einem sehr friedlichen und äußerst wach dreinblickenden Neugeborenen und in sehr schönen, „gesicherten“ Verhältnissen. Sie, die nie wusste, wovon sie leben soll und lange in einsamen Kohlekleinwohnungen weinte, jetzt in einer Vierzimmerwohnung, schön eingerichtet, sehr entspannt. Als ich wieder in Thüringen bin, mit der Aussicht auch am nächsten Tag meinen Sklavendienst zu verrichten, mir meine campinghafte Wohnumgebung anschaue, beneide ich die Freundin fast rettungslos – obwohl das absurd ist. Alles ist hübsch in dieser Wohnung, alles scheint reibungslos zu funktionieren, die Elternteile greifen vom Kochen bis Baby Versorgen Hand in Hand, abends werden Filme mit Beamer an die Wand geworfen. Stilvoll familiär. E. hat sich nur wenig verändert, seit sie Mutter ist, sieht sie etwas mediterraner aus, aber mit ihren Eigenheiten ist sie ganz die Alte. Erstaunlich wie oft sich ihre Lebenssituation jedoch verändert hat in den vergangenen 10 Jahren.
Ich lasse mich etwas in die wohlgeordnete Familiensituation fallen, Elternschaft hat doch was Zivilisatorisches. Dann aber noch mal mit N. nach Kreuzberg, Tapas essen bis zum Platzen, ein wenig durch die Straßen gehen, doch es ist so kalt, dass N. aufgeben will – um, so sagt er, lieber in Neukölln noch ein Bier zu trinken. Dort jedoch, wie vielfach schon angesprochen, gibt es keine Kneipenauswahl, wir gehen schnell zwei Straßen durch, N. scheint aufzugeben. Ich bin frustriert und bekomme einen der gegenwärtig nicht gerade seltenen Schlechte-Laune-Anfälle.
Der hört nicht auf bis zum nächsten Morgen. In der Nacht hatte ich einen fürchterlichen Alptraum, der sich auf meine berufliche Situation bezog. Allerdings fiel mir auf, dass ich bei E. in Berlin nie gut schlafen konnte, ganz gleich in welcher Wohnung. Das hat auch etwas zu sagen, genau wie die Angespanntheit, die mich so oft begleitet, wenn ich mit ihr zu tun habe.
Am Morgen gehen wir in Friedrichshain brunchen, preisgünstig und ach so touristentypisch, aber nicht wirklich gut. Doch der Bauch ist dann voll und die zitty gelesen. Ein echtes Berlin-Gefühl hat sich gar nicht wirklich eingestellt. Ich bin nicht mehr so verwundert und überrascht, Berlin ist bekannter geworden. Das jedoch hat auch Vorteile, ich kenne mich aus. Nicht so gut, dass die Rückfahrt aus der Stadt heraus nicht voller Umwege wäre, aber gut genug, dass man das eher genießt als etwa nervös zu werden. Zum Schluss wieder Zehlendorf und merkwürdige Stadtrandgebiete und doch nicht noch mal an die Havel, denn es wird schon bald dunkel.

9
Jan
2006

Super Nachricht

Manchmal steht doch in den Horoskopen, es käme eine großartige Nachricht / unerwartetes Angebot /verlockende Neuigkeit auf einen zu.
Mal ganz abgesehen davon, dass ich das heute in meinem Horoskop - naja sagen wir mal in einem der vielen, die es so gibt - zu lesen bekam, ja also, davon abgesehen, denn das glaube ich ja dann nicht wahrhaft, dass das gesamte Menschheitszwölftel, das im gleichen Zeitraum wie ich geboren ist, heute eine gute Nachricht empfängt - also nochmal: mal ganz abgesehen davon - spricht mich diese Vorstellung immer außergewöhnlich an, dass man ganz aus heiterem Himmel, ohne etwas zu ahnen oder dafür getan zu haben eine wirklich gute Nachricht erhält.
In meinem Horoskop könnte jeden Tag stehen, dass ich auf sowas sehnsüchtig warte.
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Das Leben zwischen Schonwaschgang und Schleudern

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Ganz kann ich mich der Tatsache ja nicht verschließen, dass man heutzutage Impressionales beitragen muss. Ich kann, so vermute ich, alle Inhalte meines Blogs selbst verantworten und werde mich auch bemühen, mich an geltendes Recht zu halten. Ich wurde protestantisch erzogen und bin in solchen Bemühungen also geübt. Den Inhalt externer Links kann und will ich nicht verantworten und distanziere mich also nicht nur von jenen, sondern auch von allen Erwägungen, mich dafür in Verantwortung zu ziehen. In irgend auftretenden Zweifelsfällen, viel lieber aber für freundliche Post, gibt es ab sofort ein offenes Scheunentor: eine_wasserfrau@gmx.de

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...mhmmm...wie hat denn nun dein neues Jahr begonnen?...
herbstfrau - 7. Mär, 17:48
take five....
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rosmarin - 16. Jan, 00:35
Diesen Beitrag
habe ich verfasst, dann doch wieder offline gestellt....
wasserfrau - 13. Jan, 23:58
2012 - Zukunft revisited
Eben habe ich alle meine Posteingangsmails "unwiederbringlich"...
wasserfrau - 9. Jan, 01:31
Eins ist klar
ich werde 2012 Tel Aviv sehen
wasserfrau - 7. Jan, 01:25

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