Ich dachte, ich hätte nur Gefühlsgeschichten von Leere und Melancholie... und ich wusste schon, dass das leider nicht Alles ist. Wäre das Alles, man würde Magierin oder spirituell, was ja das Gleiche ist, oder verrückt und darin dann doch auch alles zusammen. Obwohl ich mir das Fallenlassen immer wie etwas vorgestellt habe, was andere können und ich nicht. Und deren abenteuerliche Verrücktheiten wie etwas, wozu ich nicht fähig bin. Ich funktioniere kafkaesk und unanerkannt in einem Brotberuf, auf den ich einfach nur kotzen könnte. Ich habe die anderen beneidet, gerade E., die süße kleine Zicke, die bei akuter Sozialnot immer psychotische Schübe bekam. Dennoch kann ich mir das unermessliche Leid eines psychotischen Schubs ja dann doch nicht vorstellen, und der Neid, das war mir immer klar, ist zynisch. Ich hänge ganz gerne vor dem Abgrund rum, damit es mir nicht zu wohl wird, ich sehe der Gefahr ins Auge, aber ich lass mich nicht fallen.
Na und heute dann: Szenenwechsel. Mir war ja schon recht seltsam zumute. Und dann durfte ich an einem einzigen Tag und geballt von allen Seiten erfahren, dass die Realität wie ein Kanonenkugelgewitter auf einen eindreschen kann. Gestern wollte ich konkret leben, heute hätte ich gut verzichten können, aber da war´s dann auch schon so weit. Auf ein einziges Mal: Entdeckungsangst vor dem Chef, der mich hinter meinem Rücken plötzlich übel verleumdet. Behörden, die mich und den andern in der Erstheimat umkreisen, aufs Scheußlichste.
Da ist man schon so richtig seelenumschwirrt durcheinander, und dann kann man es absolut nicht fassen, dass die Welt, die einen zu ignorieren beliebt, weil sie so anders ist, plötzlich mit ihren Regularien kommt, die vielleicht für durchtrainiert-dynamische Menschen passen, aber doch nicht für mich. (Vor genau drei Jahren, als mein Bruder erschossen wurde, da konnte ich es wochenlang nicht fassen, welche Welt mir weiter Mahnungen und Behördenbriefe und Anfragen in den Briefkasten schütten darf, hat sie denn nicht still zu stehen, wenn das Finsterste passiert? Kann sie nicht manchmal EINFACH still stehen?)
Im Laufe von wenigen Stunden wurde mir aber ein einziges klar: Wenn die Kanonenkugeln kommen, dann hilft nicht rausreden und Angst haben, da hilft nur noch die eigene Geschichte parat haben. Die vielen Anschuldigungen sind nur eine fragmentierte menschenferne Verwaltungsgeschichte, auf die man sich nicht einlassen darf. Man kann nicht dagegen reden, man muss nur noch für sich sein.
Ich bin von den Sternen grausam mit plutonischen Energien versorgt. Das hat viel mit Angst und Macht und Angst vor der Macht zu tun. Und sorgt doch dafür, bei Bedrängnis stärker und konkreter und kämpferischer zu werden. Seelisch, nicht pragmatisch. Vielleicht. Wahrscheinlich.
wasserfrau - 18. Mai, 21:32
Und ich frage mich eher, wie es kommen konnte, dass ich mich beim lebendigen Leibe ins Nichts gefahren habe und ausharre und immer nichtiger soll alles werden – und ich finde nicht zurück. Es ist mir tatsächlich gelungen, Ort und Zeit zu finden, die leer sind und anknüpfungslos. Dies, liebe eskorte fragile, ist meine überschwappend wässrige Melancholie des Tages.
Die Nichtigkeit um mich rum und vor und hinter mir integriert mich ins Bild und macht mich langsam transparent und lässt mich verschwinden.
Das Wasser ist dafür trüb.
wasserfrau - 18. Mai, 16:15