Frischwasser

1
Nov
2006

Elementar

Im Herbststurm stehend mit der ersten Zigarette des Bürotages, war mir als sei ich ein chemisches Element.
Das heißt: Individuell und in mir bestimmt aber ohne Grenze und Ich. Verbunden in Kombinationen, Synthesen, Reaktionen. Selbst im Anderen, selbst im anderen selbst, im Selbst anders selbst.
Am Schreibtisch sitzend, vorm Fenster der Herbst - und heute mal wieder sehr nikotinsüchtig - ist mir als wäre ich gerne ein chemisches Element.

26
Okt
2006

Flucht

Ja, man soll flüchten. Dann, wenn wirklich existentiell etwas auf dem Spiel steht. Die Beine soll man in die Hand nehmen und rennen, so schnell man kann. Dann - wenn der Sinn der Flucht eines und genau eines ist, zu entrinnen. Danach in Sicherheit...

Schwierig ist die Flucht, wenn einem die Decke des Lebens, der Himmel auf den Kopf fällt - und man die Situation bessern will durch Flucht. Das ist das Regen-Traufe-Spiel. Das Ungeklärte nimmt man mit und ist danach im unkenntlichen Nirgendwo. Vertrauen in den Weg und Idee eines Ziels, Vorstellung einer offenen Weite, die man beleben wird, sind nötig, um Unstimmiges heilen zu können. Das Scheiden muss Ent-scheidung sein.

25
Okt
2006

Erlaubnis, klein und groß zu sein

Ich saß im schicken Auto auf einer Dienstfahrt bei herrlicher Oktobersonne, und so kann es einem fast gut gehen oder sogar ganz. Und da hörte ich im Radio wohl Bayern2, denn dort drunten im Wald, da ist schon fast Bayern, das hier dann Franken heißt und anders ist und sympathisch wohl meist.
Bayern 2, eine schöne Frauenstimme sprach einen Text, Thema war ?, irgendetwas mit menschlichem Erfindungsgeist oder so, was ihn, den Menschen, zuallererst von den Tieren unterscheide. Zuallerst. Nein, zuallererst unterscheide ihn jenes nackt (ohne Fell) und auf nur zwei Beinen wackelig auf der Erde rum zu tappsen. Und so sei das mulmige Gefühl ihm mitgegeben diesem kleinen Menschlein, das wir alle sind, das sich mancherlei hat einfallen lassen, um seine Sicherheit zu finden („vom regenabweisenden Anorak bis zur Lebensversicherung“) und das sich umso mehr das Bewusstsein der Unsicherheit zugezogen hat. Balanciert und erfindet und bewältigt … Und dabei bleibt: Menschsein heißt, neben allem anderen, das mulmige Gefühl als Wegbegleiter zu haben.

Dieser Text war kein Lamento und nicht pfaffenhaft, er war schön formuliert und schön gesprochen. Er hatte einen so grundsätzlich liebevollen, achtungsvollen Blick auf dieses kleine allgemeine Menschlein, das ja auch die Autorin und die Sprecherin sind. Mit wurde warm und frei ums Herz.
Diese Einladung, das mulmige Gefühl als zu uns gehörend zu integrieren und darin geradezu eine liebevolle Idee des Zusammengehörens dieser wackligen Menschheit zu sehen, diese Einladung, das Glück zu suchen, ohne jemals tough sein zu müssen.
Das tat mir unendlich gut – während die Oktoberblätter mit ihren Farben lächelten dort droben in den Bergen und ich das dicke Auto um die Kurven schob wie eine dynamische Raumkapsel. In meinem Herzen lächelte es auch.

23
Okt
2006

Fernstenliebe

...über diesen Begriff denke ich seit Tagen nach, weil ich das erste Mal eine Vorstellung davon bekomme.

11
Okt
2006

Sovieles

bricht mir auf gerade, dass ich fast vergessen habe, Zeit zu nehmen für dieses Unglück...

ein längerer Text wäre gut, er würde ja mehr erklären...

(und dann meine Seele sei weit...)

25
Sep
2006

Erste Erkenntnisse auf der Insel

Am Anfang des Urlaubs – Tag 2 vielleicht, noch ganz frisch und doch da – zerlegten sich mir die Wörter nach einem Gezerre mit dem, der in Verdacht steht, traditionell, mir zu wenig xyz, für sich zuviel zyx und so weiter. Der ganze rap. Der falsche rap.
Zerlegten sich die Wörter: meine Bedürfnisse. Meine be-Dürf-nisse. Dürfen steckt da also drin und wird immer überhört, jedenfalls häufigst von mir. Und das Dürfen dürfen, das ist doch meine ureigenste Sache, wenn ich mir das nicht erlaube, laufe ich mit einem Bauchladen dieser Bedürfnisse herum, zeige sie vor, jammere rum. Markenzeichen unerfüllt.
Dass die Verantwortung - unter deren drückender Last ich immer meine, gebückt zu werden - eine ver-Antwort-ung ist, also wohl meine Vorstellung, auf alles und jedes eine Antwort haben zu müssen - war mir schon früher mal bewusst geworden. In diesem Kontext habe ich es mir aber noch mal näher angeschaut. Es gibt die Fälle, da meine ich sogar Antworten produzieren zu müssen, da hat noch nicht mal jemand gefragt. Die sind aber nicht das primäre Problem, das ist ja auch eher drollig. Schwieriger, wenn eine Frage von wem auch immer im Raume steht, verbal oder anders geäußert und gezeigt. Und /oder, wenn ich partout keine Antwort habe. Und doch meine, die ver-Antwort-ung läge bei mir. Mein be-Dürfnis ist oft genug etwas anderes, aber es darf dann nicht.

5
Sep
2006

Die Krücken

Sieben Jahre wollt kein Schritt mir glücken.
Als ich zu dem großen Arzte kam,
fragte er: Wozu die Krücken?
Und ich sagte: Ich bin lahm.

Sagte er: Das ist kein Wunder.
Sei so freundlich zu probieren!
Was dich lähmt ist dieser Plunder.
Geh, fall, kriech auf allen vieren.

Lachend wie ein Ungeheuer
Nahm er mir die schönen Krücken.
Brach sie durch auf meinem Rücken,
warf sie lachend in das Feuer.

Nun, ich bin kuriert: ich gehe.
Mich kurierte ein Gelächter.
Nur zuweilen wenn ich Hölzer sehe,
gehe ich für Stunden etwas schlechter.


Noch ein kluges Geschenk aus der Feder (oder Reiseschreibmaschine?) von Herrn Brecht.
Dieses Gedicht hat mich vor vielen Jahren sehr begleitet, als ich dachte, auf gewisse Krücken kaum verzichten zu können...

28
Aug
2006

Das Aufregende

...ist das Verschwinden der Angst.

Oft war sie körperlich bei mir, ich wusste ganz genau, wo sie ist.
Nun spüre ich manchmal etwas, als käme sie gleich. Und dann kommt nur: ihr Verschwinden. Als risse man eine Tür noch auf, wo jeden Tag die Post kam. Aber es kommt keine mehr.

In diesem Fall sehr angenehm. Und es ist so normal und so erstaunlich zugleich. Als schaute ich nur kurz hoch aus einem fast schon neuen Leben und nickte und staunte zugleich.

Dann doch alles andere als: aufgeregt.

Es gibt sogar eine neue Auf-regung.

23
Aug
2006

Kleiner Wunsch

gehe schlafen und werde groß und stark.
Du bist klein und so lebendig.
Gehe mit starken Beinen raus in deine, meine Welt.
Ich werde dich schubsen und tragen und wissen,
du kannst auch selbst ganz viel.

Ich rede noch mal kurz mit den Tarotkarten, aber die sind bei uns.
Das weiß ich.

kleinerwunsch

Dieses Bild habe ich gerade blind gezogen, im Ordner Eigene Bilder, nach Nummern sozusagen. Und es passt, zumal ich nicht weiß, wie der weiße Wunschpunkt da entstanden ist. Der über Nacht um mein Haus streicht.

19
Aug
2006

Ich bin 42...

... und stöbern hilft.
Hier
finde ich das (u.a.) (Buch: Der weise Leichtsinn)

6. Wenn dann die nächsten sieben Jahre, die bis zum 42. Jahr gehen, kommen, tut sich der Boden auf und wir sehen, es war tatsächlich ein doppelter. Vollkommen inhuman, das heißt ohne daß wir die Möglichkeit haben, zu argumentieren, recht zu behalten, Dinge zu verdrehen und zu verleugnen, was doch offensichtlich ist, haut uns das Leben um die Ohren, was wir vernachlässigt, mißachtet und für unwesentlich erklärt haben. Jetzt zahlen wir den Preis für die Realisierung unserer bisherigen Lebensziele und Taten. In diesen Jahren drängt sich uns die Erkenntnis auf, daß auch wir der Endlichkeit und dem Tod nicht entkommen. Und als ob das Entsetzten und die Trauer darüber nicht schon genug wären, zerplatzen jetzt die Lebenslügen, und alle unsere Charaktermasken fallen uns vom Gesicht. Wer sein Leben lang so getan hat, als hätte er keine Angst, wird jetzt von Furcht und Panik überrollt werden. Wer schlecht mit Geld umgegangen ist, dem wird jetzt die Lektion erteilt, daß das Spiel mit der eigenen Existenz schiefgeht. Wer sein mickriges Selbst hinter einem arroganten und furchteinflößenden Ich verborgen hat, wird sich in Situationen wiederfinden, die zeigen, wie sehr alle anderen sich in die ganzen Jahre über nicht täuschen ließen und dieses mickrige Selbst in aller Klarheit sehr wohl gesehen haben. Wer sich hauptsächlich auf die Karriere konzentriert hat, kriegt jetzt Probleme auf dem Liebessektor. Wer nur Heim und Familie vor Augen hatte, findet sich vielleicht ausgesetzt und ungeschützt im Freien wieder. Für jeden Menschen ist es das, was er am wenigsten erwartet hat, was er am wenigsten bedacht hat, wogegen man sich am wenigsten geschützt weiß. Man wird an einem Ort erwischt, wo man am weitesten von einer authentischen Identität entfernt ist.


Ja, so ist es, unvermeidlich, wenn man nicht zu spät kommen will fürs Leben. Aber jetzt bin ich ja 42, dummdidumm.
logo

waschmaschine

Das Leben zwischen Schonwaschgang und Schleudern

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Kontakt und Absicherung

Ganz kann ich mich der Tatsache ja nicht verschließen, dass man heutzutage Impressionales beitragen muss. Ich kann, so vermute ich, alle Inhalte meines Blogs selbst verantworten und werde mich auch bemühen, mich an geltendes Recht zu halten. Ich wurde protestantisch erzogen und bin in solchen Bemühungen also geübt. Den Inhalt externer Links kann und will ich nicht verantworten und distanziere mich also nicht nur von jenen, sondern auch von allen Erwägungen, mich dafür in Verantwortung zu ziehen. In irgend auftretenden Zweifelsfällen, viel lieber aber für freundliche Post, gibt es ab sofort ein offenes Scheunentor: eine_wasserfrau@gmx.de

Aktuelle Beiträge

ja, das ist die Frage
...mhmmm...wie hat denn nun dein neues Jahr begonnen?...
herbstfrau - 7. Mär, 17:48
take five....
take five....
rosmarin - 16. Jan, 00:35
Diesen Beitrag
habe ich verfasst, dann doch wieder offline gestellt....
wasserfrau - 13. Jan, 23:58
2012 - Zukunft revisited
Eben habe ich alle meine Posteingangsmails "unwiederbringlich"...
wasserfrau - 9. Jan, 01:31
Eins ist klar
ich werde 2012 Tel Aviv sehen
wasserfrau - 7. Jan, 01:25

stat

Zum Glück gibt´s Bücher


Per Olov Enquist
Ein anderes Leben


Julia Franck
Die Mittagsfrau

Wer guckt?

Suche

 

Status

Online seit 7193 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 7. Mär, 17:48

Credits


Buntwaesche
Frischwasser
grauschleier
Im Prinzip
Kochwaesche
Schleudern
Schmutzwaesche
Schonwaschgang
Spuelen
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren